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Wanderbericht - der Circuit und der W-Trek

Patagonien - allein der Name ist schon eine Melodie. In einem Nebensatz hatte mein Mann einmal gesagt, "wenn du echte Natur willst, musst du nach Patagonien". Was er sich damit eingebrockt hat, wurde ihm erst ein paar Wochen später gänzlich klar:  Da steckte ich schon mitten in den Planungen für den O-Trek, den Fernwanderweg durch den Torres del Paine Nationalpark.

 

Durch den Nationalpark führen zwei bekannte Routen: der O-Trek und der W-Trek, wobei letzterer mit dem O-Trek verbunden werden kann. Der O-Trek, auch Circuito, führt einmal um das Massiv der Torres del Paine herum und dauert zwischen 7 und 10 Tagen - je nach dem, wie viele Stops man einlegen möchte und ob man den Weg mit dem W-Trek verbindet. Praktische Tipps zu den Treks findet ihr hier.

 

Wir haben uns für den Circuito entschieden inkl. der Einschnitte des W-Weges (Circuit in Blau + W in rot auf der Karte unten).

 

Während der Wanderung kommt man immer wieder an Ranger-Hütten vorbei, bei denen man sich melden muss. Weiter kommt man nur, wenn man die Reservierungen für die nächsten Zeltplätze vorweisen kann. Die Ranger-Hütten wirkten immer sehr gemütlich und meistens lief Musik oder es wurde selber musiziert. Wir hatten bei der Wanderung also regelmäßig chilenische Klänge im Ohr. Favorit: Los Jaivos: Todos Juntos - falls ihr dieses Gefühl auch beim Lesen des Reiseberichtes wecken wollt.

Wanderkarte um die Torres del Paine in Patagonien, Chile
https://travpacker.com/wp-content/uploads/torres-del-paine-CONAF-routes-small-X3.jpg

Tag 1: Hosteria Las Torres - Campamento Seron

Am ersten Tag brechen wir in aller früh von Puerto Natales mit dem Bus in den Nationalpark auf. Wir erreichen vormittags den Parkeingang und müssen uns erst einmal anmelden, um gegen eine Gebühr den Park betreten zu dürfen. Hier muss man bereits alle seine gebuchten Übernachtungsplätze vorzeigen, um die Genehmigung zu erhalten. Außerdem bekommt man eine kleine "Schulung" worauf man achten muss, um die Natur zu schützen - Müll mitnehmen, kein Feuer machen, etc. Vom Parkeingang aus geht es noch ca. 1 Stunde weiter bis zur Hosteria las Torres, dem Startpunkt unserer Wanderung. Gegen Mittag  geht es endlich los.

 

Gauchos auf Pferden in einem Wald in Patagonien

Der Weg startet gemütlich über grasige Hänge und wir genießen es endlich zu laufen. Der Wind pfeift uns fröhlich um die Ohren und wird uns auch die nächsten Tage weiter begleiten. Hinzu kommen abwechselnd Sonne und Regen. Das führt zu einer An- und Auszieh-Orgie, bis wir endlich die richtige "Zwiebel" für das Klima gefunden haben (T-Shirt mit Softshell vs. T-Shirt mit Fleecejacke vs. Langarmshirt mit Softshell, mit Mütze, ohne Mütze, ... ihr kennt das vielleicht). Das hält zwar ein wenig auf, aber der für den ersten Tag geplante Weg ist nicht so weit - ca. 3.5 Stunden. 

 

Wir machen eine kleine Pause in einem Waldstück mit wunderschönen alten Bäumen. Es wirkt wie verzaubert und plötzlich galoppiert noch eine Herde Pferde, begleitet von 2 Ranchern, vorbei. Was für eine Begrüßung auf dem Trek.

 

Der Transport hier funktioniert ausschließlich über Pferde, egal ob nun Nahrungsmittel und Cola-Dosen, Brennholz oder verletzte Wanderer, die nicht mehr weiter können...

Wir erreichen nachmitags das Campamento Seron. Hier bekommen wir, zu unserer Überraschung, ein bereits fertig aufgebautes Zelt mit dicken Matratzen :). Abendessen können wir uns im Speisezelt kochen und sind hier auch vor Wind und Regen in Sicherheit.

 

Für den O-Trek ist nur eine limitierte Zahl an Wanderern zugelassen, die den Weg täglich laufen dürfen. Dadurch sieht man immer wieder die gleichen Gesichter und hält immer mal wieder ein kurzes Schwätzchen - und trotzdem hatten wir das Gefühl, das jeder gerne unter sich bleibt und die Einsamkeit Patagoiens sucht. Die Begleiter, die wir am meisten in Erinnerung gehalten haben und die bis zum letzten Tag immer in den gleichen Camps waren wie wir, lernen wir schon an diesem Abend kennen:

  • "Stephan König" (Name erfunden, er hat tatsächlich ein fettes Stephen King Buch durch den Torres del Paine getragen, grimmig gekuckt und nie ein Wort gesprochen. Im Campamento Seron liegt er in der Hängematte und liest und auch sonst steckt er die Nase meistens in sein Buch. Wobei ich das auch machen würde, wenn ich dieses Extra-Gewicht schon mitschleppe ;).
  • "Der Mexikaner": Keine Ahnung ob Mexikaner oder nicht, aber immer freundlich gelächelt, wenn der eine den anderen überholt hat.
  • Pablo, der Italiener: Sein erster Fernwanderweg und er ist denkbar schlecht ausgestattet. Mit fliegenden Fahnen kommt er im letzten Tageslicht im Camp an, überall baumelt und wackelt es an ihm. Er hat einen sehr kleinen Rucksack und Zelt, Schlafsack etc. einfach außen angebunden. Wir kommen immer wieder die nächsten Tage mit ihm kurz ins Gespräch und bewundern sein Durchhaltevermögen mit dieser Gepäcksituation trotzdem weiterzulaufen.

Tag 2: Campamento Seron - Refugio Dickson

Die Nacht über hat es geregnet, in unserem geliehenen Zelt aber kein Problem. Morgens treffen wir im Speisezelt ein Pärchen, das dort übernachtet hat, nachdem ihr Zelt dem Regen nicht standhielt. Die Armen tun uns Leid, so in eine mehrtägige Wanderung zu starten ist kein Vergnügen.

Es ist etwas kühler als am Tag zuvor, aber nicht kalt. Am Morgen gibt es einen wunderschönen Regenbogen über dem Camp und wir laufen los. Durch den Regen ist der Boden ziemlich aufgeweicht und matschig, über den schlimmsten Stellen liegen aber Bretter und Äste.

Der Weg führt uns am Rio Paine entlang und wir versuchen Vögel oder andere Tiere zu spotten. Damit haben wir aber leide keinen Erfolg. Es geht eine Anhöhe hinauf und von hier haben wir eine traumhafte Aussicht auf den Fluss und die Berge. Wir sehen auch schon relativ früh unser Camp, es dauert aber noch recht lange, bis wir es erreichen. Der Wind pfeifft uns heute ganz schön um die Ohren und der Regen schlägt uns ins Gesicht. Ich genieße die rohe Natur, trotzdem sind die Snickers heute besonders wertvoll im Sinne der Motivation ;).

 

Die Wanderzeit beträgt ca. 6 Stunden. Das Campamento Dickson ist wunderschön am Fluss gelegen und die Pferde der Ranger grasen frei zwischen den Zelten. Beim Zeltaufbau werden wir aber dafür von tausenden Mücken gestochen. Zum Abendessen gibt es wieder einen Travellunch, den muss man einfach nur mit heißem Wasser aufgießen. Im Camp kann man leider nicht unter einem Dach kochen, aber Abends scheint zum Glück die Sonne. So lassen wir uns den Jägertopf mit Rindfleisch und Nudeln schmecken.


Tag 3: Refugio Dickson - Campamento Los Perros

Der nächste Morgen beginnt mit einem kurzen Frühstück im Regen. Schnell packen wir unser Zelt zusammen und laufen los. Es ist wieder ein ganzes Stück kälter als am Vortag und heute auch grau in grau.

Die Tour führt uns heute großteils durch dichten Wald mit sattem Grün - das schützt etwas vor dem Regen und bildet einen eindrücklichen Kontrast zur Weite der Landschaft in den letzten Tagen. Von ein paar Aussichtspunkten sehen wir auch schon die ersten Ausläufer der Glacier los Perros.

Die Landschaft wird zunehmend rauer, der letzte Teil der heutigen Etappe ist eher ein stolpern und klettern über ein Geröllfeld. Hier wird es auch langsam unangenehm kalt und mit dem Rucksack hat der Wind genug Angriffsfläche, um mich mal links mal rechts an die Steine zu schubsen.

Nach ca. 5 Stunden erreichen wir das Campamento los Perros und bauen schnell unser Zelt im Schatten der Bäume auf. Heute bin ich richtig durchgeforen und habe das Gefühl, dass mir nie wieder warm wird. Es gibt eine Wellblechhütte in der man kochen kann und hier stapeln sich heute auch die anderen Wanderer. Wir alle fürchten uns ein bisschen vor der "Königsetappe" am nächsten Tag, der Passüberquerung Paso John Garner.

Abends beginnt es zu schneien und ein kleiner Fuchs streift durchs Lager. Nie sah die Rangerhütte mit ihrem Kamin verlockender aus als heute, Wanderer müssen aber leider draußen bleiben. Ich koche mir noch ein Wasser auf, fülle es in meine Trinkflasche und nehme die mit in meinen Schlafsack. Erst dann wird mir wieder warm.

 


TAg 4: Campamento Los Perros - Refugio Grey

Heute geht es über den Pass! Der Weg ist lang, 9 Stunden sind angesagt. Dementsprechend früh geht es hier im Camp wieder los, gegen 6 Uhr beginnen auch wir unser Zelt zu packen. Nach einem kurzen Bergsteigerfrühstück - Porridge mit vielen Nüssen - starten wir.

 

Wanderer mit Rucksack in den Bergen der Torres Del Paine in Patagonien

Der Weg über den Pass führt teilweise recht steil bergauf und ist geröllig: Für uns, die wir an die Alpen gewöhnt sind, ist es aber nicht so extrem wie befürchtet. Das Schwierigste auf der Strecke ist der Wind, der uns immer wieder packt und aus der Bahn wirft. Dennoch werden wir belohnt mit dem spektakulären Ausblick auf die schroffen Felsspitzen, die immer wieder aus den Wolken hervorstechen. Der Pass selbst ist total unspektakulär, nicht einmal ein Schild oder eine Fahne weisen darauf hin. So sind wir also auch überrascht, als wir gegen Mittags die nächste Ranger Station erreichen. Wir melden uns brav und snacken eine Kleinigkeit. Danach bessert sich das Wetter, es wird wärmer. Bergab gibt es auch noch ein paar anstrengendere Passagen, bei denen wir über Wurzeln und Felsen klettern. Diese sind aber immer gut durch Seile befestigt.

 

Das letzte Stück für diesen Tag führt am wunderschönen Glacier-Grey entlang. Es läuft sich sehr angenehm, fast wie in Trance. Gegen Ende wartet noch eine lange Hängebrücke auf uns. Höhenangst sollte man nicht haben, ansonsten lernt man hier mit ihr umzugehen.

Abends erwartet uns ein Zimmer und Abendessen im Refugio Grey und jede Menge Menschen. Ab hier beginnt nämlich der W-Trek, die Limitierung der Anzahl an Wanderen entfällt.


Tag 5: Refugio Grey - Campamento Frances

Ich glaube, das ist für mich der schönste Tag auf dem ganzen Trek. Bereits morgens ist es wärmer als die letzten Tage, sogar der Wind ist warm und zum ersten mal brauchen wir unsere Softshell nicht.

Heute beträgt die Wanderzeit ca. 6 Stunden, der Weg ist einfach zu laufen. Wir kommen an drei Seen mir unglaublichen Farben vorbei. Einer leuchtet schon von weitem türkis - die Bilder unten sind nicht bearbeitet. An diesem See ist auch das die Paine Grande Mountain Lodge, ein Zeltplatz mit traumhaftem Blick. Wir genießen hier unser Mittagessen, das wir aus dem Refugio Grey bekommen haben, und setzen uns ein bisschen in die Sonne.

Dann geht es weiter, der nächste See ist tief dunkelblau. Der Wind peitscht das Wasser über den See und wir bekommen regelmäßig eine kleine Gischtdusche zur Abkühlung. Die weißen Baumskelette am Weg wirken bizarr vor dem dunkelblauen Wasser und mit der Bergkulisse im Hintergrund.

 

Am späten Nachmittag erreichen wir das Campamento Frances. Wir bauen unser Zelt auf einer Plattform auf und dürfen hier auch direkt vor unserem Zelt Abendessen kochen. Außerdem holen wir uns zur Abwechslung mal ein Bierchen aus dem Kiosk :).

 


Tag 6: Campamento Frances - Campamento Los Cuernos

Heute starten wir mit leichtem Gepäck zum Mirador Britanico, hinein in das Valle del Francés. Dies ist der Teil des Ws, ein Eintritt in das Tal und damit eine Abweichung vom O - der einfachen Umrundung des Massivs. Hin und zurück gehen wir den selben Weg und kommen dann wieder beim Camp Frances raus. Der Weg läuft sich gut, ist angenehm breit und es ist recht warm und sonnig.

Gegenüber sehen, aber vor allem höhren, wir den Hängegletscher Glacier Francés. Immer wieder brechen Teile ab und kleine Lawinen donnern ins Tal. Das ist wirklich sehr beeindruckend, vor allem mit dem Wissen, dass diese Lawinen keinen Menschen erreichen werden. Oben angekommen genießen wir den Blick auf das Bergmassiv. Auf dem Rückweg hat es sich bereits zugezogen und die schöne Aussicht kann nicht mehr bewundert werden. Im Camp Francés angekommen wird der Rucksack wieder aufgeschnallt und wir laufen am Ufer des Lago Nordenskjöld zum Camp.

Hier erwartet uns erneut ein voraufgebautes Zelt, das leider viel kleiner als unseres ist. Nachts biegt es sich im Wind so stark, dass ich die Zeltplane im Gesicht habe.


TAg 7: Campamento Los Curnos - Campamento Chilenos

Bei Sonnenschein mit ein paar Wölkchen wandern wir über grasige Hänge zum Campamento Chilenos. Die Aussicht ist fantastisch, alles wirkt etwas karg, aber trotzdem so kraftvoll. Es ist richtig warm und wir kommen schnell in schwitzen. Es gibt leichte An- und Abstiege, am Ende zieht es sich aber doch noch durch den engen Einschnitt zum Campamento Chilenos - ca. 7 Stunden Wanderzeit sind es.

Im Gegensatz zu den vorherigen Tagen kommen wir kaum an Flüssen und Bächen vorbei, an denen wir unser Trinkwasser auffüllen können. Wir müssen also haushalten, teilen aber zwischendurch noch mit ein paar Wanderen, denen das Wasser schon recht früh ausgegangen ist.

 

Im Campamento Chilenos bekommen wir wieder eine praktische Holzplattform im Wald, auf der wir schnell unser Zelt aufstellen. Danach genießen wir die Abendsonne, trinken ein Bierchen und schauen dem Strom an "Pilgern" zu, die die Torres in nur einer Tageswanderung besuchen. Abends lassen wir uns hier von den Rangern verpflegen, an diesem Zeltplatz darf man kein Feuer machen.


Tag 8: Campamento Chileno - Puerto Natales

Der letzte Tag unserer wunderschönen Wanderung beginnt bereits um 3 Uhr Nachts. Wir ziehen uns an und holen das im Speisesaal für uns bereitgelegte Frühstück. Die Stirnlampen spenden uns ein bisschen Licht und zusammen mit dem Sternenschein ist es hell genug um den breiten Weg zum Mirador Torres auch im Dunkeln gut laufen zu können. Um diese Uhrzeit sind auch die Temparaturen noch richtig angenehm. Nach weniger als 2 Stunden erreichen wir den Mirador Torres, es ist aber noch dunkel - wir waren zu schnell. Hier oben pfeift der Wind und es wird furchtbar kalt, wenn man sich nicht bewegt. Irgendwann legen wir uns sogar die Überlebensdecke über und frühstücken. Mit uns hier sind nur "Stephan König" und der Pablo. Pablo ist sogar den ganzen Weg von der Hosteria Torres aufgestiegen, wo er den ersten Teil der Nacht verbracht hatte. Er hat beim Aufstieg sogar einen Puma gesehen, erzählt er.

 

Endlich geht die Sonne auf und wir werden verzaubert vom Morgenglühen der drei Türme - Las Torres. Die Fotos, die ich euch unten zeige sind nicht bearbeitet! Viel zu schnell ist das Spektakel wieder vorbei und wir machen uns an den Abstieg. Im Camp Chileno bauen wir rasch unser Zelt ab, dann geht es runter zur Hosteria Las Torres. Wir wollen noch heute wieder mit dem Bus zurück nach Puerto Natales. Das letzte Stück zieht sich nochmal. An der Hosteria gibt es dafür erstmal ein Eis - welch ein Luxus :).

 

Mittags setzen wir uns dann in den Bus und fahren wieder zurück ins schöne Puerto Natales.

 


Fazit

Die Wanderung durch den Nationalpark hat mich verzaubert. Die wirklich traumhafte Natur, das reduzierte Leben (wandern, essen schlafen), das Ausgesetztsein den Elementen gegenüber - wir hatten alles - von Schnee bis über 30°C. Speziell der O-Teil des Weges ist, weil nicht so überlaufen und etwas anspruchsvoller zu wandern als das W, besonders zu empfehlen. Ich möchte auf jeden Fall nochmal in den Nationalpark zurück.

 

Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Eindruck verschaffen und freue mich, wenn ihr jetzt auch Lust habt, Patagonien zu erkunden. Aber Achtung: Planung ist hier wichtig, informiert euch bitte dementsprechend oder lest meine Tipps.

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