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Camino Real

4 Tage durch den Dschungel, 4 Tage Expedition auf den Spuren des Camino Real, dem alten königlichen Handelsweg auf dem Waren zwischen Karibik und Pazifik transportiert wurden.

Das Abenteuer liegt in der Luft, wir freuen uns auf das dichte grün des Primärregenwalds, exotische Tiere und die Spuren der alten Händler und Piraten.

Ganz so romantisch und abenteuerlich gestalten sich die vier Tage letztlich nicht, dafür vor allem anstrengend und nass. Von dem Weg ist nicht mehr viel geblieben, ein paar Steine hier, ein Hohlweg da. Das erfordert mühsames Durchqueren des dichten Unterholzes. Stetig dabei die Bäume und Sträucher im Blick, da sie teilweise mit dicken Dornen oder langen Stacheln gespickt sind oder bereits von Ameisen occupiert sind. Lies weiter, lehn dich in deinem Stuhl zurück und genieße deine hoffentlich trockenen Füße - das wonach wir uns im Dschungel am meisten verzehrt haben.
Falls dir der ausführliche Bericht zu lang ist, kannst du auch gleich nach unten scrollen, zu Learnings und meinem Fazit.

Der erste Tag - das Abenteuer beginnt

Der erste Tag beginnt mit einer Bootsfahrt über den Lago Alajuela. Der Stausee wurde künstlich geschaffen, um während der Trockenzeit genug Wasser für den Panama Kanal zur Verfügung zu stellen. Dadurch wurden Teile des Camino Real überschwemmt. 
Wir gehen ca. 3 Stunden ein Stück vom Camino Real das nicht überschwemmt ist. Immer wieder kommt unser kleines Longboat, um geflutete Parts zu überbrücken. Mittags essen wir in einem kleinen Dorf Gemüseeintopf mit Reis. Nachmittags brechen wir nochmal auf zu einem Aussichtspunkt, der aber nicht auf dem Camino Real liegt. Mit dem Boot erreichen wir den Startpunkt. Hier steht bereits eine junge Panamar Familie - Vater, Mutter, Kleinkind - außerdem ein Pferd, jede Menge Säcke mit Reis? sowie ein Herd. Ja, richtig. Ein Herd. Die Familie wohnt 2 Stunden Fußweg vom See entfernt, ohne Anschluss an eine Straße. Das Pferd trägt nun also Frau, Kind und Reis nach oben, der Mann den Herd. Beschämenderweise sind sie genauso schnell wie wir - ohne Gepäck. Ich bin neugierig und versuche selbstverständlich auch den Herd zu tragen. Mit einer Kraxe und zusätzlichem Band zur Stabilierung über der Stirn, lässt sich das Gerät erstaunlich gut transportieren. Trotzdem bin ich froh, nach wenigen Metern den Herd wieder absetzen zu können. 
Das Leben als Farmer im Dschungel ist nicht nur mühselig, sondern bringt auch wenig Ertrag. Das merken wir jetzt zum ersten, aber keinesfalls zum letzten Mal.
Kaum erreichen wir den Aussichtsplatz fängt es an in Strömen zu regnen, fast als stünde man unter einer Wasserfalldusche. Naja, die Aussicht konnten wir trotzdem kurz genießen und kehren daraufhin wieder zurück ins Dorf, die Füße bis zu den Knöcheln im Schlamm. Wir schlafen im Zelt unter dem Dach des Versammlungsplatzes. Zum Abend genießen wir frischen Fisch aus dem See sowie die landestypischen fritierten Kochbananen. 

 

Der zweite Tag - nasse Füße

Am nächsten Tag überbrücken wir erstmal wieder ein Stück des Weges auf dem See. Den ganzen Abend zuvor als auch während der Nacht hatte es kräftig geregnet. Das hat sich deutlich auf den Weg ausgewirkt, wir versinken teilweise knietief im Schlamm. Bis Mittags ist es eine Qual: die Füße nass, das Laufen beschwerlich und drückende feuchte Hitze. Ich komme aus dem Fluchen kaum raus - was haben wir uns da angetan. Es ist auch keine Dschungelerfahrung wie ich es erwartet habe. Stattdessen laufen wir über die aufgeweichten Kuhweiden der wenigen Farmer im Dschungel. Der Weg und meine Laune bessern sich erst, als wir gegen Mittag den Fluss erreichen, den wir mehrfach queren. Mittags essen wir im letzten Dorf, das wir die nächsten Tage sehen werden. Es gibt traditionell Reis mit Linsen, dazu Gemüse.

Den restlichen Tag queren wir immer wieder den Fluss und schlagen uns durch den Dschungel. Wortwörtlich. Es gibt keinen  angelegten Weg, keinen freigelegten Camino Real, sondern unsere Begleiter und Gastgeber schlagen den Weg mit den Macheten frei. Ab und zu ein paar Steine, die mal der Camino Real gewesen sein sollen. Irgendwie hatte ich etwas anderes erwartet, aber der Dschungel hat sich in 200 Jahren gründlich bemüht den Camino Real verschwinden zu lassen.

Tiere sehen wir leider nicht. Trotzdem wird es immer schöner, denn der Weg führt uns durch den Fluss, am Fluss entland und durch richtigen Urwald. Die Blätter der Bäume sind riesig, die Pflanzen hoch, konkurrieren sie doch alle um die Sonne.

 

Trotz der bezaubernden Szenerie läuft es sich nicht wie von selbst, der berühmte Flow des Wanderns hat keine Chance. Wir müssen aufpassen, auf die Beschaffenheit des Bodens, den wir teils gar nicht sehen, die Bäume, die mit dicken Dornen und langen Stacheln ausgestattet sind und die Strömung des Flusses, die uns teils fast von den Beinen reißt.

 

Abends erreichen wir dann die Unterkunft eines lokalen Farmers. Ihr dürft hier nicht an ein Haus oder einen Bauernhof denken - die Unterkunft ist ein Wellblechdach auf Säulen, mit einem winzigen Verschlag in der Mitte, der abgesperrt ist. Hier schläft der Farmer, wenn er da ist. Unsere Guides spannen ihre Hängematten, wir schlagen unser Zelt unter dem Wellblechdach auf. Anschließend hüpfen wir wie Adam und Eva in den Fluss und waschen uns die SchweißSchlammSonnencreme Panade ab. Was für eine Wohltat.

Danach werden wir herrschaftlich auf dem offenen Feuer bekocht - es gibt Reis mit Thunfisch aus der Dose und Gemüse.

 

Im Bett flüstern wir noch - Privatsphäre gibt es nicht und der Kopf unserer Expedition ist Österreicher und versteht deutsch. Die nassen Füße machen mir zu schaffen, ich habe schmerzhafte Druckstellen, durch die Reibung des Schlamms an den Knöchel entzündete Wunden und mir außerdem einen Wolf gelaufen. Sollen wir wirklich weitergehen, haben wir uns so unseren Urlaub vorgestellt? Wir vertragen die Entscheidung auf den nächsten Tag.

Der dritte Tag - die grüne Hölle

Der dritte Tag beginnt mit dem Morgenruf der Brüllaffen. Jetzt fühlen wir uns wirklich im Dschungel angekommen. Eine Stunde laufen wir, so haben wir es vereinbart, dann entscheiden wir, ob wir zurück gehen oder vorwärts. Der panamesische Guide grinst - deutsche Frauen sind zäh sagt er, er rechnet nicht damit, dass wir umkehren. Und so kommt es auch.

 

Den Vormittag laufen wir Flussaufwärts, am Fluss und im Fluss. Um uns herum Primärdschungel, unberührt und dicht. Wir kommen an einer verfallenen Brücke und alten Schienen von einem frühreren Bergwerk vorbei. Auch hier hat der Dschungel bereits fast alles zurückerobert.

Mittags machen wir Pause an einem wundervollen kleinen Wasserfall und nutzen die Gelegenheit für ein kurzes Bad. Danach verlassen wir leider relativ schnell den Fluss und suchen unseren Weg erneut im zugewachsenen Regenwald. Wir schlagen uns über einen Berg und überschreiten die Wasserscheide. Jetzt sind wir also auf der karibischen Seite Panamas angekommen. Die letzten Meter gehen wir wieder im Fluss bis wir endlich unseren Platz für die Nacht erreichen. Es dämmert bereits. Zum Essen gibt Spaghetti mit Tomatensoße. Die Portion, die eigentlich für 10 Leute reichen sollte, vertilgen wir zu fünft, so anstrengend ist der Dschungel. Wir schlafen im Ehebett eines Farmers, es regnet in Strömen.

Der vierte Tag - zurück in die Zivilisation

Tag 4 quälen wir uns erneut in die nassen Klamotten. Die ganze Nacht hat es geregnet, es wartet erneut eine matschige Wanderung auf uns. Außerdem fanden einige Ameisen und Kakerlaken unsere Rucksäcke attraktiv. Obwohl wir diese eigentlich verschlossen haben, fanden die Viecher einen Weg. Beim Aufsetzen seiner Kappi entgeht Martin mit Glück dem nächsten Überfall. Eine Tarantel hat es sich darin bequem gemacht und war doch recht ungehalten über die Störung am Morgen. Zum Glück schüttelte Martin sein Kappi aus, bevor er es sich aufsetzte. Dabei landete die Spinne auf den Boden und bezog wütend Angriffsstellung vor seinem Schuh. Nach gutem Zureden bekommen wir auch den Schuh zurück, schultern unsere Rucksäcke ein letztes Mal und stapfen los durch den Schlamm. Wenig später sehen wir einen kleinen Ameisenbären. Bevor ich ein Foto schießen kann riecht er uns aber - wie auch nicht, wir stinken wie totes Tier nach vier Tagen im Dschungel - und haut ab.

 

Nach 6 Stunden erreichen wir endlich die Ausläufer von Portobello. Hier dürfen wir bei einer Familie duschen und unsere "sauberen Sachen" - also unsere Schlafanzüge - anziehen. Nach einem Bier werden wir abgeholt und fahren die letzten Meter bis in die Stadt, schauen uns die alten Befestigungsanlagen und den Startpunkt des Camino Real an - weiterhin im Schlafanzug.

Learnings

1. Die Feuchtigkeit treibt einen in den Wahnsinn. Alles ist nass und klamm, nichts trocknet in der Nacht. Das darf man nicht unterschätzen. Das Gefühl von trockener Kleidung auf der Haut nach dem Trip ist unbeschreiblich!

 

2. 3 Steine und ein Hohlweg machen noch keinen Weg. Die Wanderung hat nichts mit Trekking auf anderen Fernwanderwegen zu tun. Der Dschungel überwuchert den Pfad schneller als er wieder freigeschlagen werden kann, der Boden ist aufgeweicht, matschig und durch das Laub auch rutschig. Manchmal sieht man nicht wo man seine Füße hinsetzen kann.

 

3. Suche dir vor der Fahrt in den Dschungel eine Wäscherei bei der du hinterher alles waschen lassen kannst. Den Gestank wirst du sonst nicht mehr los. Überlege außerdem ob du deine Schuhe nicht spenden oder wegwerfen willst. In dem Klima werden die Biester kaum trocken, wenn du nicht danach Zeitung und Klimaanlage zur Hand hast. 

 

4. Spanisch Kenntnisse wären nicht ganz verkehrt. Damit könnte man leichter die Sprachbarriere überwinden und mit den Leuten direkt in den Austausch kommen.

 

5. Nimm eine Austattung sauberer und sehr leichter Klamotten mit, stecke sie in ein Drybag und rühre sie über die gesamte Wanderung nicht an. Am Ende wirst du froh sein, über die sauberen, trockenen und halbwegs anständigen Klamotten, mit denen du Portobello erkunden kannst.

 

Fazit

Es waren wirklich spannende und anstrengende vier Tage. Würde ich es nochmal machen? Klares NEIN! Bereue ich die Tour? Auch nein. Ich bin froh, dass wir es geschafft haben, die Erfahrung möchte ich nicht missen.


Falls du Interesse hast, ich würde eher einen 2 Tagesausflug empfehlen. Vier Tage ist schon echt viel. 

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