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Tag 2 - Schlafen wo die Ziegen wohnen

Im Sonnenaufgang serviert Erol Frühstück auf seiner Terrasse. Es gibt alles was das Herz begehrt: Eier, Schaf-, Ziegen- und Kuhmilchkäse, Tomaten, Gurken, Oliven, Melone, ein Sirup der wohl aus 

Trauben hergestellt wird, Joghurt, selbstgemachte Feigenmarmelade und Brot. Wir lassen es uns gut gehen und erkunden anschließend gemütlich Erols Garten. Keine Ahnung, wo wir diese Gelassenheit hernehmen — müssen wir doch heute mindestens 20 km bis zum nächsten Dorf laufen. 

Als wir uns endlich auf den Weg machen, ist es bereits 10 Uhr und die Sonne lacht fröhlich über die zwei Wanderer, die sie verbrennen kann. Zunächst laufen wir durchs Dorf, vorbei an den bereits bekannten Hunden und dem Restaurant. Anschließend geht es steil bergauf, nur um kurz danach wieder tief bergab zu fallen. 


Der Weg ist schmal, schlecht zu finden und mit vielem stachligen Gebüsch ausgestattet. Am Ende finden wir unseren eigenen Weg ins Tal, teilweise sind wir wahrscheinlich eher den Routen der Wildschweine als dem Lykischen Weg gefolgt. Im Tal finden wir eine wilde Weinrebe und lassen uns die Trauben schmecken. Gleich danach steigt der Weg wieder an. 


Obwohl es schon 14 Uhr ist und wir noch ein ganzes Stück Strecke vor uns haben, entscheiden wir uns noch einen Mini Markt aufzusuchen. Das Wasser verdunstet bei der Temperatur schneller als wir nachtrinken können und so sind sechs Liter vom Vormittag bereits leer. Wir kaufen außerdem noch Saft, einen Simit und Kekse und vespern diese direkt vor dem kleinen Laden. Von den Dorfbewohnern werden wir jedes Mal freudig gegrüßt. 

Nach der Pause geht es erfrischt weiter; bergauf selbstverständlich. Die Landschaft wechselt. Sind wir bisher durch Olivenhaine und Stachelbüsche gelaufen, prägen nun riesige Zedern und Pappeln das Bild. Ein paar Ziegen begegnen wir noch und dann sind wir auf der anderen Seite des Berges. Vor uns breitet sich eine wunderschöne Landschaft mit großen, rund geformten Felsen aus. Es erinnert ein wenig an das Sandsteingebierge an der Elbe. Hier liegt die Pension Moonstone House, und so gehen wir davon aus, dass diese ihren Namen von den Steinen haben muss. Im Mondlicht schimmern sie bestimmt hell und stimmungsvoll. 


Gemütlich laufen wir weiter. Wir rechnen damit bald anzukommen, genießen die tiefstehende Sonne, den Blick aufs Meer und sehen bald einen kleinen Ziegenhof. Das ist also Hüsyins Haus, in dem wir schlafen wollen? Ein Mütterchen empfängt uns freundlich und fragt, ob wir essen möchten. Und so sitzen wir bald auf ihrer Terasse mit Brot, Eiern, einer Lauchsuppe, Tomaten, sowie Tahine und Marmelade. Es schmeckt hervorragend. 

Wir schauen uns im Wanderführer die Tour für den nächsten Tag an und erschrecken. Wir sind zwar in Hüsyins Haus – aber das ist nicht das Haus von Hüsyin Yilmaz in dem wir eigentlich reserviert haben! Jetzt noch weiter ins Dorf gehen würde uns zwei Stunden im unwegsamen Gelände kosten und es dämmert bereits. Zerknirscht rufen wir beim "richtigen" Hüsyiens an und sagen ab. Die Ziegenhirten richten uns ein Bett in ihrem Schlafzimmer und ziehen selbst in das Zimmer mit Kamin um. 


Wir bekommen noch die Latrine gezeigt, die sich ein paar Meter vom Haus entfernt befindet und dürfen unsere Hände mit warmen Wasser waschen. Mit unseren Hüttenschlafsäcken kuscheln wir uns um 18 Uhr in die Decken. Diese riechen ganz leicht nach Ziege, nicht unangenehm sondern sehr gemütlich. Um 19.30 Uhr piepst es und das Licht geht aus. Der Tag endet früh, wenn man nicht an eine Stromversorgung angeschlossen ist. 

Weiter geht es:

Tag 3 - Kilometer fressen